Begriffe rund um Training und Verhalten

Trainings-Wiki


Hier erkläre ich einige wichtige Begriffe rund um Hundeverhalten, Hundetraining und Hundeerziehung. So viele Fragen, so viele Antworten, und leider so viele Falschaussagen und Missverständnisse schwirren im Internet umher.

Hier entsteht eine Seite, auf der Sie alles kurz und knapp mal fachlich fundiert nachlesen können.

Aggression

Aggression ist wichtiger Bestandteil der Kommunikation! Natürlich in angemessener, beherrschter und kompetenter Weise. Aggression hat (fast) immer das Ziel der Distanzvergrößerung. Ausnahme ist die jagdlich motivierte Aggression. Da es hier das Ziel ist, die Beute zu erwischen und zu verletzen, kann diese Form der Aggression auch gefährlich werden, wenn es beim Spiel zwischen Hunden zu wild wird und sich das Spiel auf der „Jäger-Seite“ in Jagd verwandelt. Zudem kann es unter Hunden auch zum Ernstkampf mit Tötungsabsicht kommen, unter gut sozialisierten und im Charakter stabilen Haushunden aber die absolute Ausnahme. Genetik, Erfahrungen und physische wie psychische Stabilität sind hier wichtige Faktoren. Grundsätzlich dient die Aggression aber bei sozial kompetenten Hunden zur Vorbeugung von Verletzungen! Voraussetzung ist natürlich, dass beide Seiten gelernt haben, mit Artgenossen zu kommunizieren („Sozialisation“) und charakterlich so stabil sind, Konflikte auch aushalten und klären zu können.

Wie bei allen Formen der Kommunikation, ist die gesamte Körpersprache des Hundes wichtig, um die die gezeigte Aggression zu deuten. Blick fixieren oder abwenden, Zähneblecken nur der vorderen Zähne oder aller Zähne, runder Maulwinkel oder spitz, Vorwärtstendenz des Körpers oder Rückwärtstendenz und vieles mehr, macht den Unterschied zwischen offensiver und defensiver Aggression. Dies unterscheiden zu können, ist besonders wichtig, um Hunde in ihrem Ausdruck generell zu verstehen. Ganz besonders aber, wenn eine übersteigerte oder unangemessene Aggression vorliegt. Erst einmal genau hinschauen, bevor pauschal geurteilt wird- leider passiert dies viel zu selten und eigentlich unsichere Hunde werden als provokant und dominant abgestempelt.

Desensibilisierung

Verminderung der Reaktion auf einen bestimmten, Reaktionen auslösenden Reiz. Beispiel: Die Gewöhnung an individuell angstauslösende Geräusche, indem in Lautstärke und Intensität immer nur so weit gegangen wird, dass keine Reaktion im Hund ausgelöst wird. Eine wichtige Methode der Verhaltenstherapie- im Großstadtdschungel von Berlin in vielerlei Hinsicht oft richtig schwierig…

Frustrationstoleranz

Die Fähigkeit, Frustration (Misserfolge/Enttäuschungen) aushalten zu können. Dieser Begriff ist bei der Erstellung der Seite hinzugekommen und liefert daher direkt ein praktisches Beispiel: Lange an den ersten Texten gearbeitet, funktioniert das Hochladen auf meine Homepage nicht… Natürlich bin ich genervt und frustriert. Kurz in mich gegangen, habe ich angefangen diesen Eintrag zu schreiben und mich dem Frust nicht ausgeliefert sondern die Energie umgelenkt;-)

So muss auch der Welpe erst einmal lernen, dass er nicht immer alles bekommt. Dieser Prozess beginnt bereits bei der Mutterhündin, kurz vor dem Entwöhnen gibt es nicht mehr immer „Milch-Nachschub“. Eine ganz wichtige Voraussetzung für das spätere Leben, akzeptieren können, dass es nicht immer alles gibt was Welpe wünscht. Bei Hunden beobachte ich fast zunehmend ein besonderes Defizit: die frustrationsbedingte Leinenaggression. Erst durfte man jedem an der Leine „hallo“ sagen, dann nicht mehr. Frustration auf Seite des Hundes entsteht, die nicht aufgefangen werden kann. Zunächst äußerst es sich erst in fiepen, hinzerren, gefolgt von bellen und schließlich regelrechtem aggressiven Verhalten an der Leine. Aufgrund des Verhaltens gibt es immer weniger Kontakt zu fremden Hunden. Der ein oder andere entwickelte nach und nach eine generalisierte Aggression gegenüber fremden Hunden. Einfach nur, weil er nicht gelernt hatte, nicht immer alles zu bekommen. Bei meiner Arbeit sind die Optimierung von Impulskontrolle und Frustrationstoleranz fast immer wichtiger Bestandteil.

Gegenkonditionierung

Gegenkonditionierung ist eine wichtige Methode in der Verhaltenstherapie. Hier wird eine durch einen spezifischen Reiz ausgelöste, unerwünschtes Reaktion durch eine neue, nicht kompatible und erwünschte Reaktion „ersetzt“. Ein komplexer Vorgang, nicht nur das Verhalten, sondern möglichst auch die Emotion sollte sich verändern. Beispiel: ein auf einen anderen Hund aggressiv reagierender Hund lernt, sich sich in Anwesenheit dieses Hunde dem Halter zuzuwenden, sich also dem entsprechenden Hund abzuwenden. Die negative Emotion schwächt sich bei gutem Vorgehen ebenfalls ab und die positive Emotion wird verstärkt.

Habituation

Habituation bedeutet das Kennenlernen der nicht belebten Umwelt. Dies beinhaltet Geräusche, „Dinge“ wie Autos, Strassen, Natur und weitere Dinge, die es im Umfeld des Hundes Zeit gibt (beliebtes Beispiel ist der partiell auch so gefürchtete Staubsauger). Die Grundlagen der Habituation werden in der sensiblen Phase (3. - ca. 18 Lebenswoche gelegt, es ist aber insgesamt ein wesentlich längerer Prozess und kann auch im fortgeschrittenen Alter noch stattfinden, sofern die Grundlagen gelegt wurden.Genau gesagt, bedeutet es, auf diese Dinge nicht mehr zu reagieren. Wachsen Hunde unter stark isolierten Verhältnissen auf, z.B. im Zwinger nahezu ohne Kontakte zu belebter und unbelebter Umwelt, kann das Lernen und Verhalten das Leben lang beeinträchtigt sein („Deprivation -Syndrom“)

Konditionierung

Konditionierung ist eine wichtige Form des Lernens. Es werden zunächst neutrale Stimuli (Gesten/Geräusche etc.) mit einer Reaktion verknüpft. Unterschieden werden: klassische Konditionierung: die direkte Verknüpfung eines neutralen Stimulus mit einer unbewussten physiologischen Reaktion. Beispiel: mit Futter konditionierter Clicker: „click“ = Speichelfluss/Belohnung instrumentelle Konditionierung: die Verknüpfung eine bewussten Handlung mit der Reaktion der Umgebung Beispiel: über Futter aufgebauter Rückruf

Sensibilisierung

Die Reaktion auf einen bestimmten Reiz wird immer stärker. Beispiel: Geräuschphobie Silvesterknaller- ohne Training verstärkt sich die Angst häufig mit jeder Erfahrung

Sozialisation

Sozialisation bedeutet das Lernen des Umgangs mit Artgenossen und anderen in dieser Phase anwesenden Lebewesen. Hunde werden mit der Fähigkeit geboren, die Kommunikation zu (fast) allen Lebewesen zu lernen, aber NICHT mit der vollständig entwickelten Fähigkeit der Kommunikation! Daher ist es in dieser sensiblen Phase (3 - ca. 18. Lebenswoche) ist es daher auch von entscheidender Bedeutung, die zukünftigen Lebensgefährten in Ihrer Art kennen zu lernen. Fehlen in dieser Zeit Hundekontakte, kann die spätere Kommunikation mit Artgenossen Missverständnisse und Probleme bereiten. Ähnlich, wenn in dieser Zeit keine Menschen kennen gelernt werden. In dieser Phase werden auch erst die später so wichtigen Verhalten wie Beisshemmung im Spiel und Frustrationstoleranz gelernt. Nach der 18. Lebenswoche ist nicht „alles vorbei“, Defizite können teilweise nachgeholt werden und das Lernen findet auch anschließend noch statt und ist auch wichtig, denn modifiziert werden kann der Umgang mit Mensch und Hund das Leben lang, solange die geistigen Fähigkeiten es zulassen.

Welpenschutz

Leider einer der nachhaltigen Mythen zum Thema Hundeverhaltens- den Welpenschutz gibt es seitens fremder Hunde NICHT! Mutterhündinnen verteidigen ihre Welpen- allenfalls kann dies als Welpenschutz bezeichnet werden.